Freitag, 12. Mai 2017

20170425 Lobster

der bei gekonnter Zubereitung ein regelrechtes Flimmern auf der Zunge auslöst, beschert uns ein bemerkenswertes und ein sehr, sehr spontanes und ausgesprochen lustiges Erlebnis.
Die Delikatesse mit ihren langen, pieksigen Beinen und Fühlern, die sich – noch lebendig - in Kubas vorgelagerten Riffen zu Hause fühlt und sich dort kräftig vermehrt, wird des Öfteren von Fischern angeboten.

Nach 16 Tagen in der schmutzigen Lagune von Cienfuegos sehnen wir uns nach dem unwiderstehlich türkisfarbenen, glasklaren Wasser VOR Kubas Küsten. Wir legen ab in Richtung Cayo largo, einer langgezogenen, schmalen Insel vor der Südwestküste Kubas.
Gleich „um die Ecke“ von Cienfuegos, in der klaren, einsamen Ankerbucht von Arimao, muss die PIA zunächst mal von der glitschigen, hellgrünen Algenpracht befreit werden, die sich wie eine Langhaarmähne an der Wasserlinie angesetzt hat und als Geschwindigkeitsbremse wirkt.
Eine zweistündige, kräftezehrende Schabearbeit für den Skipper.

Da wir Cayo largo, das - wie die gesamte Westküste von Kuba - umgeben ist von Flachwasser und Riffen, nicht bei Nacht anlaufen wollen, müssen wir unterwegs noch einen Stopp einlegen. Ein Ankerplatz vor dem Leuchtturm von Cayo del Este wird empfohlen. Wir lesen, dass es vor Cayo Sal, einem winzigen Inselchen westlich das Leuchtturms noch viel schöner sein soll und hören – zum Glück – erst sehr viel später, dass es hier - wie an einigen anderen Küstenstreifen Kubas – Krokodile geben soll.

Dunkelgrau, felsig, mit niedrigem Gesträuch bewachsen, schaut die Insel nur wenige Meter aus der dem Meer heraus.
Ein gestrandeter Katamaran glotzt uns hohläugig entgegen.

ein bisschen unheimlich...


Heimelig wirkt diese Szenerie keineswegs. Der Ankergrund sieht felsig aus, das Wasser ist sehr bewegt und dunkel, der Wind nimmt beständig zu. Kurz vor Sonnenuntergang lassen wir den Anker fallen. Die Lage des Ankers bleibt unkontrolliert, weil Peter – wegen diverser Schürfwunden – nicht ins Salzwasser möchte und ich mich hier nicht traue.

Trotz des unangenehmen Schaukelns setzen wir uns zum Sundowner an den Bug. Was ist das? Ein Knattern ist zu hören. Um die Inselspitze schiebt sich ein Boot. Alles, was ich über Piraterie gehört habe und von Überfällen weiß, schießt mir durch den Kopf. Ich höre meinen Puls in den Adern und traue mich nicht, nach hinten zu schauen.
Das Knattern kommt kontinuierlich näher.
Peter fasst sich ein Herz, steht auf und geht an die Reling.
Ich bin zu Stein erstarrt. Wo bleibt der Angriff?

Das „Unheil“ verlangsamt die Fahrt, bleibt in respektvollem Abstand zur PIA und wird von Peter bereits begrüßt. Keine Piraten! Einer von drei sehr ärmlich wirkenden Fischern hält bereits einen Lobster hoch. Peter nickt. „Wie viele wollt ihr“? „Einen“. „No, No!“ Er hält drei große hoch.
„Was kosten die?“ Achselzucken. Der jüngste, dünnste und Hohlwangigste wiederholt mehrfach: „Comer, comer“, also etwas zu essen. Wir stehen – ich immer noch ganz zittrig – komplett auf der Leitung, da wir gehört haben, dass die Fischer ihren Lobster gerne gegen Rum, Bier oder Seife eintauschen. Die Bedeutung von „comer“ (Essen) passt da gerade so gar nicht ins Denkschema. Also fragt Peter: „Ron?“ Verhaltenes Nicken. Ich hole eine Flasche Rum, die gegen drei Lobster das Boot wechselt. Als Peter noch drei Dosen kaltes Bier holt, kommen sie zurück, drücken uns noch zwei Lobster in die Hand und fahren, noch eine Ehrenrunde drehend, freundlich winkend davon.

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Puh, war das ein Schrecken!

Ich schäme mich ein wenig, diesen harmlosen, ehrlichen Fischern böse Absichten unterstellt und dabei nicht erkannt zu haben, dass dieser dünne junge Mann und seine Kollegen einfach nur Hunger hatten. Mit Reis, Kartoffeln oder Brot hätten wir ihnen vielleicht eine größere Freude bereiten können…

Der Gütertausch...

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Ein herrlicher Sonnenuntergang NACH einem aufregenden Tauschgeschäft und VOR einer sehr windigen, welligen und schaukeligen Nacht...



Die nächsten Lobster gibt’s vor einer kleinen Insel in den „Jardines de la Reina“.

Wolfgang und Chris (von der „Libertina“), mit denen wir seit einigen Tagen zusammen segeln, waren schon einmal hier und erzählen von ihrem netten Kontakt zu den Fischern.
Das Ankermanöver ist gerade abgeschlossen, als bereits die ersten Fischer heranfahren, um ihre Lobster zu präsentieren.

Lobster in Hülle und Fülle...

Wir fragen über Funk, ob die Libertina auch an Langusten interessiert sei. Natürlich! Peter holt die beiden mit dem Dinghi ab. Freudiges Hallo, als die Fischer den „LOBO“ = „Wolf“-gang erkennen. Peter bittet die beiden Kapitäne und den Lobstertaucher zu einem Bier an Bord und es beginnt eine fröhliche, ziemlich lautstarke Unterhaltung, die letztendlich zum Auftakt eines unvergesslichen Abends wird.

Die Fischer holen ihre drei Kollegen, die noch auf dem Mutterboot sind, ab und kommen mit allen Zutaten zu einem leckeren Abendessen wieder. Fünfzehn Lobster werden vorher noch in meinen größten Topf gesteckt mit der Anweisung, sie 10min kochen zu lassen...

Dann steigen sechs Männer an Bord, eben noch in Stiefeln und Fischerklamotten, nun im adretten Ausgehzwirn. Eine große Schüssel Krautsalat und ein Topf mit dampfendem Reis und roten Bohnen wird auf den Cockpittisch gestellt.

Koch und Atlatus machen sich an die Arbeit. Während ich in Olivenöl und Butter den Knoblauch glasig dünste, zerhackt der Koch – sehr geschickt - die Langusten.

Mit Messer und Faust...

Voilá...

Mit der Fleischseite in die Pfanne gedrückt ist der Schmaus schnell fertig und ebenso flott verzehrt. Köstlich!!!

Einfach lecker...

Niemals hätte ich den vermeintlich rauen Männern so viel Umsicht zugetraut. Es wird gespült, aufgeräumt, der Boden gewischt, die Töpfe zusammengestellt.

Alle haben ihre Handys dabei und freuen sich, die Akkus bei uns laden zu können. Im Cockpit herrscht eine Bombenstimmung. Ein Musikwürfel sorgt für fetzige Musik, man lacht, diskutiert und erzählt, unterhält sich in einem gestikulierenden Gemisch aus Spanisch und Englisch und … beginnt schließlich zu tanzen. Chris und ich werden abwechselnd von vier Tänzern auf die „Tanzfläche“ gebeten. Ein Super-Tänzer ist dabei, der sich redlich Mühe gibt, unserem Tanzstil ein wenig mehr Geschmeidigkeit zu entlocken. Hm, wie finden wir denn das??? Es ist jedenfalls nicht unnett!!!

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Der Abend verfliegt im Nu und wir merken nicht, dass die Fischer – wie die Heinzelmännchen von Köln - Töpfe und Geschirr spülen und den Boden aufwischen. Donnerwetter!
Lediglich Wegräumen müssen wir noch.

Als sie um Mitternacht unser Boot verlassen - mit einer herzlichen Umarmung für jeden – und ein bisschen angetüdelt (nach 68 Dosen Bier!!!)… versprechen sie, am nächsten Morgen mit einem Frühstück für uns wiederzukommen.

Pünktlich um 8.30h kommt der „Lieferservice“ und bringt feinste Fischfilets, umhüllt von einer Panade aus gemahlenen Langusten, Ei und Mehl, ausgebacken und heiß…
Keine Frage: zum Apero oder Sundowner eine Delikatesse; aber zum Frühstück treibt unser westeuropäischer Magen doch deutliche Fragezeichen in die Gesichter. Dennoch verspeist jeder einen Fisch mit genussvollem Gesichtsausdruck und niemand muss es bereuen.

Ungewöhnlich aber lecker...

Eine Stunde später holen wir noch einmal Lobster und dürfen dabei ihr Schiff anschauen. In Puncto Sauberkeit und Ordnung könnte sich da so mancher eine Scheibe abschneiden…

Zahnbürsten und -becher an der Leine...



Da der Tag sehr grau, regnerisch und windig ist, können sie heute nicht fischen. Sie drehen um unsere beiden Schiffe noch eine Ehrenrunde und fahren dann zurück nach Casilda, ihrem Heimathafen…

Adieu!!!

Die Nachhut...
Cuba – Alemania - Amigos… Die Sympathie, Wärme und Herzlichkeit dieser Männer wird uns allen in schöner Erinnerung bleiben.

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